Die Ursprünge der japanischen
Selbstverteidigungskünste liegen im Dunkel der Geschichte. Aller Wahrscheinlichkeit nach wurden sie zwischen dem achten
und zehnten Jahrhundert von chinesischen Mönchen nach Japan gebracht. Die Japaner kultivierten diese dann zu einer
echten Kunst. An den Höfen der Daimyos, der Fürsten, wurden diese Verteidigungs- oder Kampftechniken, sowohl mit,
als auch ohne Waffe, von den Samurai, der Kriegerkaste, geübt. Die Samurai lebten nach ihrem Ehrenkodex, dem "Bushido".
Treue, grenzenlose Ergebenheit gegenüber ihrem Herren, unbedingte Pflichterfüllung, die Einhaltung eines gegebenen
Wortes, absolute Verschwiegenheit, Tapferkeit und Todesverachtung, das waren die Grundsätze des Bushido. Es war von der
konfuzianischen Lehre und dem Zen-Buddhismus stark beeinflusst. Die Zeit der Samurai endete Mitte des 19. Jahrhunderts (mit
der Meiji-Restauration 1868). Das, fast 700 Jahre dauernde, Shogunat wurde abgeschafft und der Kaiser übernahm wieder
die Macht im Lande. Die Samurai mussten ihre Waffen ablegen. Die Wirksamkeit der alten Waffen (Schwerter, Spieße, Bogen
usw.) war ohnehin durch die Entwicklung der Feuerwaffen (Gewehre, Pistolen) nicht mehr gegeben.
Es begann das moderne Japan. Die
waffenlose Selbstverteidigung geriet fast in Vergessenheit.
Am Hofe des japanischen Kaisers
unterrichtete gegen Ende des 19. Jahrhunderts der deutsche Medizinalrat Erich Bälz. Ihm fiel die schwache Konstitution
seiner Studenten auf und er empfahl ihnen, zur Stärkung die alten Samuraitechniken zu üben (diese Geschichte,
wonach Bälz letztlich der Auslöser für das Üben der Samuraitechniken war, wird oft erzählt, ist
jedoch nicht bewiesen).
Einer seiner Schüler, der junge
Jigoro Kano, übte bei verschiedenen der letzten Meister der fast vergessenen Kampfkünste. Aus den dort erlernten
Techniken entwickelte er das moderne Judo, indem er die alten Kriegskünste von ihren brutalen und gefährlichen
Elementen befreite. Stöße, Schläge, Tritte und viele Hebeltechniken wurden ersatzlos gestrichen. Die
verbleibenden Techniken ermöglichten nun einen sportlichen Zweikampf, ohne dass Verletzungen zu befürchten waren.
Diesen neuen Sport nannte er "Judo". Zu deutsch: "Sanfter" oder "weicher Weg".
Er gründete eine eigene Schule, den
"Kodokan" (heute in Tokio), wo er seinen neuen Sport lehrte.
(Kodokan heißt: "Ort zum Studium des Weges"). Auch heute noch ist der Kodokan das "Mekka" des Judo.
1906 kamen japanische Kriegsschiffe zu
einem Freundschaftsbesuch nach Kiel. Die Gäste führten dem deutschen Kaiser ihre Nahkampfkünste vor. Wilhelm
II war begeistert, und er ließ seine Kadetten in der neuen Kunst unterrichten. Der damals bedeutendste deutsche
Schüler war der Berliner Erich Rahn. Noch im gleichen Jahr gründete er die erste Schule für asiatische
Kampfkünste in Deutschland. Damals nannte man diese Techniken noch "Jiu-Jitsu". 1922, nach Ende des 1. Weltkrieges,
fanden die ersten Meisterschaften statt, bei denen Erich Rahn Sieger blieb. Es dauerte jedoch noch recht lange, bis die
Sportler, in den eigentümlichen weißen Kitteln, endgültig anerkannt wurden. 1934 wurden die ersten
Europameisterschaften in Dresden ausgerichtet. Durch den zweiten Weltkrieg wurde die Entwicklung dann leider unterbrochen.
Bis 1948 war der Judosport durch die Alliierten verboten. 1953 wurde der Deutsche Judobund gegründet und 1956 vom
deutschen Sportbund anerkannt. Bei den Olympischen Spielen in Tokio, 1964, war erstmals Judo als olympischer Sport zu sehen.
Bei der Judo-Weltmeisterschaft 1979 in Paris errang Detlef Ultsch als Mitglied der DDR-Nationalmannschaft den ersten
Judo-Weltmeistertitel für Deutschland. Heute wird Judo in über 150 Ländern, sowohl von Frauen, als auch von
Männern ausgeübt.